Zwischen dem Anfang der Corona-Krise und dem Einzug ins neue SC-Stadion

Deutschland im März 2020

Weltweite Corona-Krise

Fast alles ist auf null gefahren, auch der Fußball

Zwischen Corona-Krise und dem neuen Stadion

Rückblende: Zwei Stunden vor meiner geplanten Abreise zum geplanten Geisterspiel in Leipzig kam die Absage. Christian Streich hatte diese Möglichkeit am Donnerstag bereits angedeutet, deshalb kam das jetzt nicht völlig überraschend. Ich denke, das eigentlich  rührende – in Corona-Zeiten aber völlig falsche – Verhalten der Gladbach-Fans am Mittwoch zuvor, anlässlich des Geisterspiels gegen den 1. FC Köln am Borussia-Park  und was man aus Paris gesehen und gehört hat, wo Borussia Dortmund zum CL-Spiel bei PSG antrat und tausende PSG-Anhänger vor dem Stadion Party machten, haben zu dieser Entscheidungsfindung beigetragen. Ich glaube zwar, in Leipzig hätte es solche Szenen aus diversen Gründen nicht gegeben aber es gab ja eine Komplettabsage des Spieltags und deshalb war das sicher alles richtig so.

Die Regelungen von Bund, Land und Landkreis wurden, wie wir alle wissen, im Laufe der Zeit, losgelöst vom Fußball, immer heftiger und rigoroser. Natürlich vertrauen wir den Experten und folgen. Und Fußball, nein Fußball ist zurzeit nicht wirklich wichtig.

Stand heute wird der Spielbetrieb bis mindestens Ende April ausgesetzt und dann schaut man mal. Vielleicht ist es dann ja doch möglich, die Saison in den Monaten Mai und Juni zu Ende zu spielen. Ich schreibe das nicht, weil das momentan ein bestimmendes Thema wäre, sondern weil es mich ganz persönlich und meine leidenschaftliche Radiotätigkeit natürlich massiv betrifft. So wie die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben ist auch der Radio-Rischmüller derzeit wie abgeschaltet. Das tut mir weh. Da fehlt was in meinem Leben. Nur deshalb spreche ich es an.

Wichtiger ist fraglos die Gesundheit meiner Familie, meiner Freunde, aller Menschen und auch meine eigene. Alles ist in Gefahr. Einer von fünf Erkrankten erlebt einen kritischen Verlauf – manche sterben sogar. Das belastet mich. Irgendwie ist landunter – leere Straßen, Läden und Gaststätten geschlossen, gedrückte Stimmung. Und der Gesundheitsminister sagt, das sei gerade erst die Ruhe vor dem Sturm…

Wir stehen also gerade zwischen dem Anfang der Corona-Krise und… wenn man so will... dem Einzug ins neue Stadion. Da gäbe es womöglich, wegen der Krise, auch Verzögerungen beim Bau habe ich eute gelesen - aber wenn sowieso noch bis Jahresende allenfalls ohne Zuschauer gespielt wird, ist das ja so wichtig auch nicht.

Und das war es dann bei mir erstmal mit der vor ein paar Wochen einsetzenden Euphorie für den bevorstehenden Umzug des SC Freiburg in seine neuen „Räumlichkeiten“ in der Achim-Stocker-Straße 1. Schade, schade.

Für den SC kommt die Corona-Krise tatsächlch zur Unzeit. Klar, der Club zählt zu den Gesunden in Deutschland und könnte ein paar Wochen ohne Einnahmen besser wegstecken als andere - aber trotzdem: Die Transferwerte des Fußball spielenden Tafelsilbers, Robin Koch und Luca Waldschmidt, die vermutlich im Sommer wechseln werden oder würden, schmelzen dahin, ein Namenssponsor für das neue Stadion ist noch nicht gefunden und die Preisfindung dafür dürfte auch nicht gerade von dem scheiß Virus beflügelt werden. Äußerst ärgerlich neben der globalen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Katastrophe.

Dass die Proficlubs die Austragung der verbleibenden neun Spieltage – wie auch immer – wegen der Fernsehgelder brauchen, ist klar. Ich brauche diese Austragung in meinem Mikrokosmos, rein wirtschaftlich, wegen des Radiohonorars, übrigens auch. Und ich hoffe darauf. Ich ahne, dass unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft den momentanen fast kompletten Shut-down nicht für mehr als einen oder zwei Monate ertragen kann. Dann müssen Lockerungen her und das Rad muss langsam wieder ins Drehen gebracht werden.

Wenn aber Arbeiter an der Werkbank nebeneinanderstehen und das Bruttosozialprodukt wieder ankurbeln, warum sollen dann die Profifußballer keine Geisterspiele machen dürfen? Geisterspiele, über die dann auch medial berichtet wird. Dass die Presse komplett ausgeschlossen würde, kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht wird nur ein Berichterstatter pro akkreditiertes Medium zugelassen oder so. Dann kommentiere ich halt Geisterspiele. Besser als gar nichts. Ich argumentiere jetzt nicht als Fußballfan, der ich fraglos auch bin, sondern als Profi - als Profi am Mikrofon.

Und wenn wir Berichterstatter nicht mit ins Stadion dürften, kommentiere ich halt vom Bildschirm weg. Es gibt Sender, die machen das fast ausschließlich (ohne es zu verraten). Lieber wäre mir freilich die erste Lösung, also wenn es sein muss Geisterspiele aber eben mit den tatsächlich auch berichtenden Medienvertretern aber halt ohne die an ganz normalen Bundesligaspieltagen immer und überall auch existierende mediale oder pseudomediale Begleiter-Schar. Dann reduziert sich die Presseblase beim Spiel recht schnell. Beim Spiel in Leipzig, das dann kurzfristig abgesagt wurde, waren der Kollege von der Badischen Zeitung und ich aus Freiburg akkreditiert. So wie in Zweitligazeiten bei minus 15 Grad bei einem Auswärtsspiel in St. Pauli. ("Die Zähen sind da" hatte der damalige SC-Trainer Robin Dutt nach dem Kick im Presseraum geflachst). Zwei Freiburger Akkredietierte waren für Leipzig vorgesehen. Sonst keiner. Ein Massenauflauf wäre das also nicht auf den Pressetribünen… Jetzt hoffe ich halt auf diese Nachholspiele.

Apropos Bundesliga im Juni: Meinen geplanten Karibikurlaub habe ich mir schon enttäuscht in die Haare geschmiert. Pfingsten und dann die ersten zwei Juni-Wochen in der sonnigen DomRep, der Heimat meiner Frau Yoany, für die das noch viel bitterer ist, wird es nicht geben. Wenn es stattdessen in Deutschland zumindest Bundesligafußball und für mich "Radio live" gibt wäre das ein kleiner Trost. Für mich, nicht für Yoany. Ich hoffe, dass wir die knapp 2.000 Euro für die Flugtickets der Familie zurückbekommen – damit wir die Reise finanziell problemlos bei nächster Gelegenheit in der Nach-Corona-Zeit nachholen können.

Bundesliga-Zielgerade also im Mai und Juni – das ist jetzt die Perspektive, wenn wir alle bis dahin gut durchkommen. Gesundheitlich meine ich jetzt.

Das wünsche ich allen… Bleibt gesund!